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autobiographischer Blog 🇩🇪
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Was passt besser zum Frühjahr als das Thema “Gesundheit”.
Meine Gesundheit hat mich früher nicht besonders interessiert. Ich wusste zwar damals, dass mein Lebensstil, so wie ich ihn lange führte, mein Leben um etwa zehn Jahre verkürzen würde oder zumindest könnte, aber mein Motto war immer: Lieber ein kürzeres und genussvolles Leben als ein langweiliges, aber dafür längeres Leben.
Doch wenn es nun so langsam an die “Endabrechnung” geht, dann stelle ich dieses Motto nun doch etwas infrage und beginne nun, sozusagen um Lebenszeit zu kämpfen.
Aber von Anfang an.
Das letzte Mal hatte ich Anfang der 90er eine Arztpraxis gesehen, also als ich Anfang vierzig war. Da habe ich mir beim Reinigen einer Gaspistole versehentlich in die Hand geschossen und landete im Krankenhaus. Durch einen Behandlungsfehler hätte ich damals fast die ganze Hand verloren, aber das ist eine andere Geschichte.
… Bis ich plötzlich ohnmächtig wurde.
Als ich mich auf die Couch setzte. Das war am 16. Februar 2016. Diesen Tag werde ich nie vergessen, da es zufällig auch der Geburtstag meines Vaters ist. Und in der darauffolgenden Zeit wurde ich immer wieder ohnmächtig, meist kurz nachdem ich mich ins Bett gelegt habe, also in einer liegenden Position. Zu meinem Glück. Wegen der Verletzungsgefahr. Einmal beim Tragen einer Getränkekiste, glücklicherweise ohne Verletzung in diesem Fall und ein paar mal beim Hinsetzen. In achtzehn Monaten dreißig mal, immer nur für ein paar Sekunden. Maximal fünf Sekunden, sagt meine Frau, die immer Zeuge dieser Ohnmachten war.
Ich konnte die Synkopen jedes Mal kommen spüren. Wenn dieses wahnsinnig laute Rauschen im Ohr anfing, rief ich immer intuitiv den Kosenamen meiner Frau, sah dann auch schon helle Blitze in meinem Gesichtsfeld, ein Gefühl von Todesangst überkam mich, ein Gedankenblitz, dass es ein Abschied für immer sein könnte – und dann war ich für einige Sekunden weg.
Als Nächstes spürte ich ein Schütteln in meinen Armen. Das kam dadurch, dass meine Frau mich dann immer an der Schulter gepackt und gerüttelt hat. Und ich hörte, wie sie meinen Namen rief. ANDI, ANDI! In diesen Momenten des Aufwachens wusste ich im ersten Augenblick nie, was vorher geschehen ist und rief immer laut und verzweifelt: “WAS IST DENN?” Erst einen Augenblick später realisierte ich, dass ich kurz vorher ohnmächtig geworden war.
Meist zitterte ich nach diesen Ohnmachten und hatte Durst und das Gefühl, urinieren zu müssen. Das Letztere passierte mir während den Synkopen glücklicherweise nie. Ich habe mir auch nie – was man oft hört – dabei auf die Zunge gebissen. Ich soll allerdings während der Bewusstlosigkeit laut geatmet, ja geröchelt haben und – ich mag es gar nicht aussprechen – gepupst haben. Vornehmer ausgedrückt: Mir ist während der Bewusstlosigkeit oft ein Flatus entwichen.
Das Schlimmste an den Ohnmachten war die Angst vor der Nächsten. Verhindern konnte ich die Synkopen nämlich nicht, weder durch Hände zusammenpressen, das ich im Netz als Maßnahme ergoogelt hatte, noch durch Aufrichten im Bett, wenn sich die Ohnmacht mit tösendem Ohrengeräusch ankündigte. Und je länger zurück das bedrohliche Ereignis lag, desto mehr geriet die Angst in den Hintergrund. Doch als ich fast sicher war, dass da keine mehr kommt, passierte es immer wieder. Ich konnte also nie sicher sein.
Noch schlimmer muß es allerdings für den Partner sein, der diese Ohnmachten miterlebt und den Anblick eines wie tot aussehenden Menschen nie vergessen wird.
Aber nicht, dass ich wegen dieser immer wiederkehrenden Ohnmachten einen Arzt aufgesucht hätte. Ich doch nicht! Ich dachte tatsächlich, dass ich niemals in meinem Leben einen Arzt brauchen werde. Immerhin ist Helmut Schmidt annähernd hundertmal in seiner Amtszeit als Bundeskanzler ohnmächtig geworden und danach nochmals etwa hundertmal, obwohl er einen Leibarzt hatte. Der Grund der Ohnmachten wurde nie aufgeklärt. Trotzdem wurde er – dazu noch als Kettenraucher – unglaubliche 97 Jahre alt.
Aber zurück zu meinen Ohnmachten.
Ich fragte mich, ob das durch das Nervengift Alkohol in meinem täglichen Bier- und Weinkonsum herrühren könnte. Als Rheinländer bin ich mit Wein als Grundnahrungsmittel aufgewachsen und habe mir nie Gedanken über die Schädlichkeit von Wein oder Bier gemacht. Hochprozentiges habe ich ohnehin nur in ganz besonderen Ausnahmefällen getrunken.
Am 23. September 2017 beschloss ich sofortige Alkoholabstinenz und wechselte auf alkoholfreies Bier. Glücklicherweise bin ich trotz regelmäßigem Alkoholkonsum seit meinem 18. Lebensjahr nicht alkoholsüchtig oder gar alkoholkrank gewesen. Die Alkoholabstinenz von einem Tag auf den anderen fiel mir deshalb auch überhaupt nicht schwer. Und tatsächlich waren es dann nur noch zwei Ohnmachten bis März 2018 und seitdem dann gar keine mehr. Also muss der Alkohol damals für die Synkopen verantwortlich gewesen sein.
Und noch etwas: Ich fühle mich richtig frei jetzt ohne Alkohol!
Ich hatte somit das Problem selbst diagnostiziert und therapiert. Ohne lästiges, stundenlanges Sitzen in Wartezimmern mit hüstelnden Mitpatienten. Ich war richtig stolz auf mich.
Im August 2018 bin ich dann allerdings doch in ein Augenzentrum marschiert, weil ich auf dem linken Auge verschwommen gesehen habe. Und dort wurde dann Grauer Star, Katarakt festgestellt und ich sollte am linken Auge zwei Monate später operiert werden. Da bei einer solchen OP jedoch eine Teilnarkose notwendig ist, brauchte ich hierfür eine “OP-Tauglichkeitsbescheinigung” von einem Hausarzt. Ich hatte allerdings keinen und wusste, dass es nahezu unmöglich ist, in Rostock in einer Hausarzt-Praxis aufgenommen zu werden, wenn man kein Flüchtling ist. Im Ernst, das hat mir eine “Schwester”, so nennt man die Medizinischen Fachangestellten hier im Osten unserer Republik, “zugesteckt”.
Ich fand dann trotzdem eine Ärztin in Rostock, die mich aber nur für die Untersuchung für diese Tauglichkeitsbescheinigung als Patient angenommen hat. Es wurde ein EKG und eine Blutuntersuchung gemacht. Und nun kommt mein Schutzengel ins Spiel:
Durch diese Untersuchung wurde Verdacht auf Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen festgestellt und die Ärztin, Dr. med. Maren Oldörp nahm mich aufgrund dieser Diagnose und ihrer ärztlichen Fürsorgepflicht als Patienten an. Nun kam ich zwar in diesen Kreislauf, den ich nie wollte, aber wahrscheinlich hat mir diese Untersuchung das Leben vor einem plötzlichen Herztod (Sudden Cardiac Death, SCD) gerettet. Vorerst zumindest.
Ich erinnere mich auch, dass ich früher bei gelegentlichen Hustenanfällen ebenfalls Fast-Ohnmachten erlebt habe. Dieses Phänomen nennt man Hustensynkopen, bei denen der Nervus Vagus, der für die Regulierung der inneren Organe zuständig ist, gereizt wird und dadurch das Gehirn vorübergehend mit zu wenig Sauerstoff und Glucose versorgt wird.
Nachtrag 9.11.19: Ich fühlte mich schon wieder so sicher vor diesen Ohnmachten, als es nun nach 21 Monaten wieder passierte: Am Schreibtisch wurde ich plötzlich ohnmächtig, fiel mit dem Kopf auf die Laptop-Tastatur. Vorher konnte ich noch laut um Hilfe rufen. Ich spürte die Ohnmacht, dieses Gefühl der Leere im Kopf und das Rauschen. Das Gefühl, als ob einen der Sensenmann abholen will. Man spürt den Tod für Sekunden. Ein Gefühl der absoluten Hilflosigkeit und Todesangst.
Aber vielleicht lag der Grund dieser erneuten, aber diesmal sehr kurzen Ohnmacht, aus der ich selbst ohne Schütteln durch Vera wieder erwachte, darin, dass dieser Tag anders als normal verlief:
Nach einem Albtraum bin ich an diesem Tag schon um 6 Uhr 30 aufgestanden. Sonst stehe ich gegen 10 Uhr auf, da ich eine “Nachteule” bin und im Winter erst um eins in Bett gehe. Durch das frühe Aufstehen habe ich natürlich meine Tabletten (Wasserhaushalt, Herzschwäche, Herzrhythmus und Blutverdünner) auch früher als sonst genommen. Ob das allerdings der Grund war, bezweifel ich. Allerdings habe ich mich körperlich ziemlich angestrengt und vor allem viel gebückt an diesem Tag. Als ich dann gesehen habe, dass mein Blog durch hunderte chinesische Serveranfragen fast lahmgelegt wurde, habe ich mich natürlich über diese unsinnige Zerstörungswut in der heutigen digitalen und globalen Zeit sehr aufgeregt. Vor allem darüber, dass Chinesen einen unbedeutenden kleinen deutschen Blog angreifen.
Kann also Stress und Aufregung zu einer Ohnmacht führen?
Diese Frage kann ich heute noch nicht beantworten, werde mich aber um eine Beantwortung bemühen.
Nachtrag 6.1.2020: Ich glaube nun tatsächlich, dass Stress bei mir zu Ohnmachten führen kann, denn im Dezember und gestern bin ich wieder ohnmächtig geworden, nachdem ich mich fast 12 Stunden – nur durch einen kurzen Spaziergang unterbrochen – mit Linux-Partitionen, FileZilla, Timeshift-Image und Datensicherungsproblemen beschäftigt habe und so richtig im Stress war.
Es waren zwar sehr kurze Ohnmachten, aber da war es wieder: Das beängstigende, immer lauter werdende Rauschen in den Ohren und dann das Gefühl, nichts gegen die spürbar nahende Ohnmacht tun zu können. Nur einen Hilferuf schaffe ich immer gerade noch, dann bin ich weg. Danach zittern meine Hände und ich muss erstmal begreifen, dass ich wohl in Stress-Situationen machtlos den Ohnmachten ausgeliefert bin.
Nachtrag 27.1.2020: Inzwischen ist der Grund für meine Ohnmachten gefunden. Nach zwei weiteren Synkopen am 14.1.2020 wurde ich als Notfall in dem Klinikum Südstadt aufgenommen und erlitt am 15.1.2020 dort – angeschlossen am Vitaldatenmonitor – auf der Wachstation der Kardiologie einen Herzstillstand von mehr als 20 Sekunden. Nun war endlich dokumentiert, dass die Ohnmachten durch einen höhergradigen AV-Block entstanden sein mussten und ich wurde sofort operiert und erhielt einen speziellen CRT-P-Schrittmacher mit drei Sonden.
Bei der Auswertung meiner gesamten Ohnmachten stellte ich nun fest, dass es nicht nur 34, sondern ingesamt mit dem dokumentierten Herzstillstand im Klinikum Südstadt 46 Synkopen waren, die ich überlebt habe.
Nachtrag 26.3.2021: Da Frau Dr. Oldörp bei Nephrocare aufgehört und sich mit eigener Praxis in Rostock-Evershagen niedergelassen hat, habe ich eine neue Hausärztin.
Meine neue Hausärztin ist nun die auch als Notärztin tätige Julia Tebbe-Simmendinger.
Die Chemie zwischen ihr und mir stimmt zu hundert Prozent.
Eine lockere, sympathische Ärztin, die sich zwanzig Minuten Zeit genommen hat, all meine Fragen zu beantworten und mir Mut gemacht hat, mit der Krankheit (vielleicht auch noch etwas länger) leben zu können.
Und dass man nicht zwingend in das Stadium III und IV der Herzinsuffizienz kommen muss.
Ich bin froh, dass ich sofort einen guten Draht zu meiner neuen Hausärztin gefunden habe. Das ist für mich sehr, sehr wichtig.
Selbst meine Krankenkasse macht mir unnötigen Stress, akzeptiert eine Krankenfahrt im Taxi nicht, nur weil der Taxifahrer nicht meinen Namen und meine Adresse auf dem Beleg angegeben hat. Der Beleg ist allerdings auf das Datum ausgestellt, an dem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde und es ist auch ersichtlich, dass es eine Krankenfahrt war. Reine Schikane von der Krankenkasse auf Kosten des Patienten.
Wenn du mehr über meinen Herzstillstand, die Implantation und die Zeit der Genesung erfahren möchtest, dann solltest du meinen Blogartikel “Mein Herzstillstand” lesen.
Wenn du diesen Artikel bis hierher gelesen hast, könnte dich vielleicht auch mein Artikel “Als es mir an die Gurgel ging …” interessieren.
Tritt die Ohnmacht länger als eine Minute auf, spricht man in der Medizin auch von einer Bewusstlosigkeit. Eine Bewusstlosigkeit kann auch durch eine Verbindung mit Medikamentenüberdosis, Blutarmut (wenn beispielsweise zu wenig rote Blutkörperchen als Sauerstoffträger ins Gehirn kommen), Blutverlust, Vergiftung, Herzinsuffizienz, Kreislaufstörungen, niedrigem Blutdruck, Herzklappenfehler, blutdrucksenkenden Medikamenten, Ausfall der Leber oder Niere, Schlaganfall, Gehirnblutung, Nervenkrankheit oder Diabetes Mellitus entstehen.
Erste Hilfe bei Bewusstlosigkeit: Atmung prüfen. Wenn okay, stabile Seitenlage. Rachen und Mundraum freimachen und im Auge behalten. Kontinuierlich Atmung und Puls kontrollieren. Notruf 112 für professionelle Hilfe!
Wenn keine Atmung oder Schnappatmung (einzelne schnappende Atemzüge mit längeren Pausen dazwischen): Sofort Atemwege freimachen! Zahnersatz und andere Gegenstände aus dem Mund entnehmen! Mund-zu-Mund-Beatmung: Nase mit Daumen und Zeigefinger schließen und 12 bis 15 Atemstöße verabreichen. Prüfen, ob Brustkorb sich bewegt und Luft aus dem Mund des Bewusstlosen entweicht. Solange beatmen, bis Arzt kommt!
Jeder Fünfte hat Angst, Erste Hilfe zu leisten
Synkope: Harmlos oder gefährlich
Synkopen-Kollaps-Unit in Ostfildern
So wird’s gemacht: Stabile Seitenlage
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