Leben mit Diabetes Typ 1

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Foto: diabetes strong ( https://diabetesstrong.com/diabetes-tattoos-what-you-need-to-know/ )
Durch das Nachbarschaftsnetzwerk nebenan.de habe ich einen Menschen kennengelernt, der Diabetes Typ 1 hat. Und wenn ich einen Menschen mag, dann interessiere ich mich natürlich auch für ihn …
… und alles, das ihn betrifft.
Deshalb ist dieser Blogartikel entstanden.
In Deutschland gibt es schätzungsweise zwischen 200.000 und 350.000 Menschen, eher aber noch mehr, die an Diabetes-Typ 1 leiden. Da Diabetes keine meldepflichtige Krankheit ist, kann diese Zahl nur geschätzt werden. Bei dieser seltenen Form der Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genügend oder gar kein Insulin, weil das Immunsystem die insulinproduzierenden Betazellen der bauchspeicheldrüse angreift . Die Betroffenen müssen daher ihr Leben lang regelmäßig das Hormon Insulin spritzen, um ihren erhöhten Blutzuckerspiegel zu senken. Die Gründe für diese Zerstörung durch körpereigene Antikörper ist noch nicht vollständig geklärt. Man vermutet neben genetischen Ursachen auch möglicherweise eine zu kurze Stillzeit oder Infektionskrankheiten wie masern, Röteln oder Mumps. Auch geschädigte Nervenzellen in der Bauspeicheldrüse könnten Diabetes Typ 1 verursachen.
“Menschen mit Diabetes Typ 1 sind normalerweise schlank (im Gegensatz zu Typ-2-Diabetikern). Sie zeigen typischerweise starken Durst (Polydipsie) und eine gesteigerte Urinausscheidung (Polyurie). Auslöser für diese beiden Symptome ist der stark erhöhte Blutzuckerspiegel.
Viele Betroffene leiden auch unter Gewichtsverlust, Müdigkeit und Antriebsschwäche. Darüber hinaus können Schwindelgefühle und Übelkeit auftreten.
Wenn der Blutzuckerspiegel sehr stark erhöht ist, entwickeln Diabetes-Typ-1-Patienten Bewusstseinsstörungen. Manchmal fallen sie sogar ins Koma.” Auszug aus netdoktor.de

Foto: BVMed, Medtronic
Insulinpumpe
“Besonders beim jungen Diabetiker (Typ 1) kommt oftmals eine Diabetes-Pumpe zum Einsatz. Das ist ein programmierbares, batteriebetriebenes kleines Insulindosiergerät, das der Patient in einer kleinen Tasche etwa am Gürtel ständig bei sich trägt. Über einen dünnen Schlauch (Katheter) ist die Insulinpumpe mit einer feinen Nadel verbunden, die im Unterhautfettgewebe am Bauch eingesetzt ist.
Die Pumpe gibt entsprechend ihrer Programmierung über den Tag kleine Insulinmengen an den Körper ab. Sie decken den täglichen Basisbedarf (Nüchternbedarf) an Insulin ab. Zu den Mahlzeiten kann per Knopfdruck zusätzlich eine frei wählbare Menge an Bolus-Insulin gespritzt werden. Diese muss der Patient vorher berechnen. Dabei berücksichtigt er etwa den aktuellen Blutzckerwert (muss er messen), die geplante Mahlzeit und die Tageszeit.
Die Pumpe sollte in einer spezialisierten Diabetes-Praxis oder -Klinik eingestellt und angepasst werden. Der Patient muss vor Gebrauch intensiv geschult werden. Die Insulinkartuschen in der Pumpe werden regelmäßig ausgetauscht beziehungsweise aufgefüllt.
Besonders Kindern wird durch die Insulinpumpe viel Freiheit geschenkt. Man kann die Diabetespumpe bei Bedarf jedoch auch kurzzeitig abkoppeln (zum Beispiel zum Duschen). Beim Sport sollte die Pumpe jedoch unbedingt getragen werden. Viele Patienten berichten, dass sich dank der Insulinpumpe ihre Lebensqualität deutlich verbessert hat.
Allerdings muss die Pumpe ständig getragen werden, auch nachts. Wenn unbemerkt der Katheter verstopft oder abknickt oder das Gerät versagt, wird die Insulinzufuhr unterbrochen. Dann kann sich schnell eine gefährliche Überzuckerung (diabetische Ketoazidose) entwickeln. Außerdem ist die Insulinpumpentherapie teurer als die Intensivierte Insulintherapie.” Auszug aus netdoktor.de
Bei Unterzuckerung durch falsche Berechnung des Insulinbedarfs treten Symptome wie Schwindel, Schwächegefühl und Abgeschlagenheit, Übelkeit und Zittern der Hände auf. Weitere Symptome bei Diabetes-Typ1-Erkrankten sind erhöhte Urinausscheidung (Polyurie), gesteigertes Durstgefühl (Polydipsie), Gewichtsverlust, trockene, juckende Haut, schlecht heilende Wunden und Sehstörungen.
Ernährung
Einschränkungen in der Ernährung gibt es meiner Kenntnis nach im Gegensatz zur Diabetes Typ 2 grundsätzlich nicht. Die Betonung liegt auf grundsätzlich. Denn im autoimmunportal.de habe ich gelesen, dass gesunde Lebensführung und Ernährung die Lebensqualität steigern und den Insulinbedarf senken kann. Beispielsweise leichter Ausdauersport wie Wandern bringt hier eine bessere Lebensqualität. Zudem sollte ein stressiger Lebensstil vermieden werden. Und bezüglich der Sonne hier die Empfehlung des Autoimmunportal’s:
Möglichst viele Aufenthalte in der Sonne bringen nicht nur höhere Vitamin D-Spiegel, sie steigern auch die Durchblutung, schützen vor chronischen Infektionen, machen glücklich und helfen, das Immunsystem zu regulieren.
Als Diabetes-Typ-1-Erkrankter sollte man daher in die Sonne, wann immer möglich und im Sommer mindestens 30 Minuten warten, bevor man sich mit Sonnencreme einschmiert.
Dann wird noch ein ausgewogener Tag-Nacht-Rhythmus empfohlen, denn eine Störung dieses Rhythmus’ beeinflusst auch das Immunsystem und den Stoffwechsel.
Als gesunde Ernährung empfielt das Autoimmunportal Folgendes:
Empfehlenswert sind Omega-3-Fettsäuren wie Leinsamen, Chia-Samen, Fisch, Meeresfrüchte und Fleisch aus artgerechter Haltung. Vermeiden sollte man Omega-6-Fettsäuren wie industrielle Speiseöle, Margarine, Fast Food sowie Fleisch und Eier aus Massentierhaltung. Gesunde Fette, wie Avocados, Oliven und Nüsse verbessern den Insulinhaushalt. Empfohlen wird ebenfalls glutenfreie Ernährung, also Verzicht auf Getreide und der Verzicht auf Süßigkeiten und Zucker, außer bei Unterzuckerung natürlich. Weiter empflehlt das Autoimmunportal inbesondere Gemüse, speziell Sauerkraut, Beerenobst und Sauerkirschen, Gemüse- und Knochenbrühen, Kaffee und Tee.
Soviel zu den wichtigsten Fakten dieser Krankheit.
Der Notfall
Das erste, das mich natürlich als Freund eines Menschen mit Diabetes Typ 1 interessiert, ist der Notfall und was ich dabei beachten muss, beispielsweise bei einer Ohnmacht oder Schwindel und wenn ich nicht weiß, ob Über- oder Unterzuckerung vorliegt. Bei Unterzuckerung (Hypoglykämie oder „Hypo“) bekommen die Nervenzellen nicht genügend Zucker, also Energie und es kann somit der Tod durch Organversagen eintreten, wenn lebenswichtige Organe nicht mit Energie versorgt werden können. Extreme Unterzuckerung ist also lebensgefährlich! Traubenzucker (Glukose) kann hier Leben retten. Im Zweifelsfall ist Glukosegabe also besser als Insulingabe. Und Überzuckerung (Ketoazidose) durch falsche Insulineinstellung beispielsweise kann zwar zu Übelkeit und Bauchschmerzen führen, ist aber nicht sofort lebensbedrohlich.
Wenn man sich darüber informieren möchte, wie das Leben eines Menschen mit Diabetes Typ 1 aussieht, kommt man an Vivi’s Sugar Boot Camp nicht vorbei. Das Logo dieses Blogs ist das Unendlich (infinity)-Zeichen. “Die „Endlos-Schleife“ ist ein Symbol ständiger Bewegung – so wie ein Kreislauf, der niemals endet. Einmal Diabetiker – immer Diabetiker.Tag und Nacht. Durch hohe und tiefe Werte….”, so beschreibt Vivi ihr Logo und fügt hinzu, dass es aber auch zwei waagerechte, gegenüberliegende Blutströpfchen sein könnten und deshalb wie kein anderes Symbol zum Diabetes passt.
Dann bin ich bei meiner Recherche noch auf die deutschsprachige Community “Blood Sugar Lounge” gestossen. Hier tauschen sich Betroffene, Familienangehörige, Freunde, Partner, aber auch Menschen, die professionell mit Diabetes zu tun haben, aus.

Graphik: Netzfund
Frage an eine Betroffene, Petra, 50 Jahre alt:
Hilft dir das Internet und Foren oder spezielle Communities in der Bewältigung der alltäglichen Probleme deiner Diabetes Typ 1?
“Nein, ich lese keine Geschichten im Internet darüber. Das hat auch einen ganz einfachen Grund: Ich bin meine eigene Geschichte! Früher, als Diabetes-Frischling, da hätte ich all diese Informationen dringend gebraucht. Aber vor 30 Jahren gab es noch kein Internet.
Gucke ich mir die lächelnden Gesichter auf irgendwelchen Diabetes-Zeitschriften an – das ist für mich emotionales Waterboarding. Zucker zu haben, das ist nicht süß. Ganz und gar nicht. Zucker hat eine hässliche Fratze, die dich bis in den Schlaf verfolgt und sogar deine Nachtruhe stört.
War auch bei einer SHG. Ganz schlimm. Lauter alte Leute, die nur gejammert haben. Kamen angerollt. Fuß ab, blind, Dialyse. Da kamen ein Haufen unerfreuliche Nachrichten auf mich zu. Wer will das alles schon so genau wissen, was da auf einen zukommt?
Dann hatte ich einen Bekannten mit Diabetes. Ach, du ahnst es nicht. Er war gar kein Mensch mehr, nur noch Mister Diabetes. Hat sich total beherrschen lassen von dieser Krankheit. Hat diese auch noch instrumentalisiert, um Mitleid und Aufmerksamkeit anderer Menschen zu erwecken. Warum auch immer.
Zu mir: zu spät und falsch diagnostiziert. Dementsprechend nicht adäquat behandelt worden. Dadurch früh schwere Folgeschäden und schon mit 29 Jahren verrentet. Informiere dich mal über schmerzhafte Polyneuropathie. Das am ganzen Körper. Die autonome Neuropathie habe ich auch. Stichwort Gastroparese (Magenlähmung). Und hast du das, dann bist du erledigt als Diabetiker.
Die 40 Stunden Woche, die mache ich an einem Tag. Das größte Geschenk meines Lebens – traurig, dass ich das sagen muss – der Sensor seit 3 Jahren. Den kriegen Kinder und schwere Kandidaten, so wie ich. Brauche endlich keine Angst mehr haben und im Blindflug spritzen.”
Interview Typ-1 Diabetes Patientin Frau Bös
Links:
Diabetes und Lifestyle: Vivi’s Sugar Boot Camp
Deutschsprachige Community: Blood Sugar Lounge
diabetologie online: Insulinpumpen wirken positiv auf Lebensqualität
Diabetes-Notfall: Was tun?
Spiegel Online: Essstörungen bei Diabetes Typ 1
MyTherapy: Die besten Diabetes-Blogs
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Guter Artikel , ich bin zwar Diabether typ 2 , aber der Artikel ist umfassend erklärt
Hallo, Venus. Danke für deinen Kommentar. Ich schaue heute mal in den Discord-Chat. Vielleicht treffe ich dich oder Bert dort und wir quatschen mal ne Runde.
Ja, Kommentare sind willkommen. Gern auch anonym. Dann einfach als Absender-eMail-Adresse nobody@webmail.de angeben.