Nicht nochmal, bitte
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Erstickungsangst
Bei einer Herzinsuffizienz II. Grades hat mich nach ersten Erkältungssymptomen am 14. April dann sofort am 15. April eine schwere akute Bronchitis erwischt mit erheblichen Atemproblemen zunächst im Liegen mit gurgelnden Geräuschen in den Bronchien und weißem Auswurf, was Schlafen für mich unmöglich machte.
Diese Form der Atemnot nennt man Orthopnoe: “Ein tieferes Einatmen ist nur noch durch den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur möglich, typischerweise in sitzender Haltung (Kutschersitz). Das Atmen im Liegen ist so gut wie nicht mehr möglich. Eine Orthopnoe sieht man häufig bei Personen mit Herzschwäche/Herzinsuffizienz.” Zitat hirslanden.ch
Sogar beim Fortbewegen in der Wohnung bekam ich kaum Luft, hatte Erstickungsangst und die Herzfrequenz erhöhte sich auf um die 110 Schläge pro Minute (bpm), der Ruhepuls auf den 90er bis 100er bpm-Bereich, was äußerst unangenehm ist.
Ein Albtraum
Mit meinem Herzschrittmacher, der mir im Januar 2019 verpflanzt wurde, war dies meine erste Bronchitis und damit begann ein 11-tägiger Albtraum für mich mit Schlafentzug und Panikattacken.
Als ich am 18. April in der dritten Nacht ohne Schlaf Panik bekam, als ich beim Laufen in der Wohnung plötzlich extreme Atemnot und Angst hatte, zu ersticken und vielleicht Wasser in der Lunge sein könnte, hat meine Frau den Rettungsdienst angerufen.
Die Wartezeit habe ich sitzend verbracht und das wurde deshalb von den Rettungssanitätern auch mit “Atmung unauffällig” dokumentiert.
Wie sich meine Atmung bei kleinsten Bewegungen verhält, interessierte sie nicht. Sie überprüften die Vitalfunktionen per EKG, Blutdruck, Blutsauerstoff, Körpertemperatur und haben den Blutzucker gemessen. Anhand dieser Daten bestand keine lebensbedrohende Situation.
Auf meinen Einwand, dass die extreme Atemnot vielleicht durch Wasser in der Lunge herrühren könnte, hat ein Rettungssanitäter meinen Rücken mit einem Stethoskop abgehört und Entwarnung gegeben: kein Wasser in der Lunge.
Da ich keine Schmerzen hatte, schließe ich eine Herzmuskelentzündung ebenfalls aus.
Keine Hilfe bei Atemnot
Die Empfehlung der Rettungssanitäter war dann, einen Arzt aufzusuchen, was mir allerdings nicht möglich war bei derartigen Atemproblemen.
Durch täglich mehrere Dampfinhalationen, selbstgemachte Hühnersuppe, viel Ingwertee mit seiner entzündungshemmenden Wirkung und darin aufgelöstem Honig und andere Maßnahmen wie Lutschen von Pulmoll und den berühmten Schweizer Ricola-Bonbons und vor allem GeloMyrtol forte und Aspecton zum Abhusten, einreiben mit Pulmotin-Erkältungssalbe konnte ich am 21. April nach fünf Nächten im Kutschersitz und mit Schlafentzug die erste Nacht wieder im Liegen verbringen und wenigstens 4 Stunden schlafen.
Durch den langen Schlafentzug war ich total übermüdet und auch psychisch ganz unten.
Der Ruhepuls hatte sich inzwischen zwar verbessert und die Panikattacken waren seltener, aber die Atemprobleme bei Bewegung in der Wohnung waren für mich immer noch beunruhigend wegen der extremen Kurzatmigkeit, die ich so noch nie erlebt habe.
Erst nach 14 Tagen konnte ich mich wieder ohne Atemnot bewegen. Nach weiteren 14 Tagen war das Gröbste überstanden und durch den Stress habe ich etwa vier Kilogramm an Gewicht verloren.
Ganze vier Wochen
Die Bronchitis dauerte bei mir ganze vier Wochen. Vier Wochen meines Lebens, die mir durch diese ätzende Atemwegserkrankung genommen wurde, da ich außer Gefecht gesetzt und geschwächt war. Ich habe mich aller Wahrscheinlichkeit nach (passt von der Inkubationszeit) in einem Warteraum einer Arztpraxis in einem Klinikum angesteckt, in der man schief angeguckt wird, wenn man Mund- und Nasenschutz trägt, um sich vor Infektionen zu schützen. Weil ich einmal deswegen an der Rezeption blöd angemacht wurde, habe ich es diesmal dummerweise unterlassen. Und mich prompt angesteckt. Und Vera auch.
Nur auf linker Seite schlafen
Seltsamerweise konnte ich während dieser vier Wochen nur auf der linken Seite schlafen. Auf der rechten Seite zu liegen fühle es sich äußerst unangenehm an und war für mich unmöglich.
Da ich weder meine Hausärztin noch meinen Kardiologen fragen konnte und wollte, habe ich diese Frage an den KI-gestützten “Copilot von Microsoft” folgende Frage gestellt
“Warum kann man bei Linksherzinsuffizienz und (gleichzeitiger) Bronchitis nicht auf der rechten Seite schlafen?”
und vom “Copilot” diese Antwort bekommen:
“Bei einer Linksherzinsuffizienz und Bronchitis kann das Schlafen auf der rechten Seite aus mehreren Gründen problematisch sein. Einerseits kann es bei Herzinsuffizienz zu einer Ansammlung von Flüssigkeit in der Lunge kommen, was das Atmen erschwert. Das Liegen auf der rechten Seite könnte den Druck auf die Lunge erhöhen und somit die Atmung weiter beeinträchtigen. Zudem kann das Schlafen auf der linken Seite den Druck auf das Herz verringern und die Herzfunktion während des Schlafs verbessern.
Bei Bronchitis kann das Liegen auf der rechten Seite ebenfalls zu einer erhöhten Belastung der Lunge führen, insbesondere wenn die rechte Lunge stärker von der Entzündung betroffen ist. Dies kann zu einer Verschlechterung der Symptome und zu einer Beeinträchtigung der Schlafqualität führen.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die optimale Schlafposition von individuellen Faktoren abhängt und bei Bedarf mit einem Arzt besprochen werden sollte. Generell wird empfohlen, eine Position zu finden, die sowohl den Komfort als auch die Atmung und Herzfunktion unterstützt.” Zitat Microsoft Copilot
Einkaufen nicht möglich
Als wir uns Lebensmittel ins Haus liefern lassen wollten, stellten wir fest, dass dies in Rostock nicht möglich ist.
Ich kenne zwar ein paar Leute mehr oder weniger gut, aber um Hilfe zu bitten, hätte ich keinen ansprechen mögen, auch nicht im Haus. Da bin ich auch mit niemandem vernetzt, dann wäre die Überwindung, jemanden anzusprechen, vielleicht auch geringer gewesen.
Im Grunde sind auch wir – wie scheinbar viele andere ältere Menschen – schon von Alterseinsamkeit betroffen und nicht umsonst beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit einer “Strategie gegen die Einsamkeit“.
Unsere gemeinsame Bronchitis hat uns gezeigt, dass es keinen einzigen Menschen mehr gibt, der sich für uns beziehungsweise unser Schicksal interessiert. Und Familie haben wir beide ja keine. Wir würden so lange tot in der Wohnung in Rostock liegen, bis es stinkt.
Dieser Gedanke macht mich nervös und so möchte ich nicht enden. Ich möchte unbedingt aus diesem Plattenbau-Ghetto wieder raus. Das ist natürlich bei den Zuwanderungszahlen und dem sich daraus ergebenden Wohnungsmangel und den unangemessenen Mietpreisen sehr schwer für Menschen in unserem Alter.
Vorgeschmack auf mein Ende
Durch meine schwere Bronchitis habe ich nun auch schonmal einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie es sich im Endstadium IV einer Herzinsuffizienz anfühlen muss.
Das muss der absolute Horror sein.
Dieses Gefühl, zu ersticken, ist schlimmer als die größten Schmerzen, die ich nach der 8-stündigen Operation an meiner Zunge und während dem 90-minütigen Zunähen des Luftröhrenschnittes bei lokaler Betäubung, aber bei vollem Bewusstsein, nach meinem Zungenkrebs hatte.
Die einzige Stellung, ausreichend Luft zu bekommen, ist der sogenannte Kutschersitz.
Meine Linksherzinsuffizienz wird seit 2018 optimal therapiert und somit beträgt die maximale statistische Lebenserwartung acht Jahre ab dieser Zeit, endet also statistisch in den nächsten zwei Jahren, also 2026. Es sei denn, ich trickse die Statistik aus als Lüge. Denn des gibt ja bekanntlich drei Arten von Lügen: die gemeine Lüge, die Notlüge und die Statistik. Und ich hasse Lügen.
Bevor ich im Stadium IV jämmerlich verrecke, ziehe ich eine Kohlenmonoxidvergiftung und somit einen leichteren eigenbestimmten Tod vor. Aber noch ist es ja nicht soweit.
Wenn man in meiner Kindheit vorlaut war, wurde einem als Erziehungsmaßnahme der Mund zugehalten. Es gibt auch den Fetisch “erotische Asphyxiation”, also «erotisches Ersticken».
Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, lies doch meinen Artikel “Einfach nur den Mund (zu)halten”
Vielleicht interessiert dich auch mein Blog-Artikel über meinen Herzstillstand oder meine Sechsundvierzig Synkopen
Links
Sich vor Bronchitis schützen
Erste Hilfe bei Erstickungsgefahr (durch Verschlucken)
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