Der Horror meines Lebens

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Erstickungsangst

Bei einer Herzinsuffizienz II. Grades hat mich nach ersten Erkältungssymptomen am 14. April 2024 dann sofort am 15. April eine schwere akute Bronchitis erwischt mit erheblichen Atemproblemen zunächst im Liegen mit gurgelnden Geräuschen in den Bronchien und weißem Auswurf (medizinisch “Sputum”), was Schlafen für mich unmöglich machte.

Diese Form der Atemnot nennt man Orthopnoe:Ein tieferes Einatmen ist nur noch durch den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur möglich, typischerweise in sitzender Haltung (Kutschersitz). Das Atmen im Liegen ist so gut wie nicht mehr möglich. Eine Orthopnoe sieht man häufig bei Personen mit Herzschwäche/Herzinsuffizienz.” Zitat hirslanden.ch

Eigentlich ist die Orthopnoe ja das Endstadium IV einer Herzinsuffizenz.

Sogar beim Fortbewegen in der Wohnung bekam ich kaum Luft, hatte Erstickungsangst und die Herzfrequenz erhöhte sich auf um die 110 Schläge pro Minute (bpm), der Ruhepuls auf den 90er bis 100er bpm-Bereich (Herzschläge pro Minute), was äußerst unangenehm ist.

Ein Albtraum

Mit meinem Herzschrittmacher, der mir im Januar 2019 verpflanzt wurde, war dies meine erste Bronchitis und damit begann ein  11-tägiger Albtraum für mich mit Schlafentzug und Panikattacken.

Als ich am 18. April in der dritten Nacht ohne Schlaf Panik bekam, als ich beim Laufen in der Wohnung plötzlich extreme Atemnot (also Orthopnoe) und Angst hatte, zu ersticken und vielleicht Wasser in der Lunge sein könnte, hat meine Frau den Rettungsdienst angerufen.

Die Wartezeit habe ich sitzend verbracht und das wurde deshalb von den Rettungssanitätern auch mit “Atmung unauffällig” dokumentiert. Vera hat auch aufgemacht. Wäre ich zur Wohnungstür gegangen, hätten sei meine extreme Atemnot feststellen müssen.

Wie sich meine Atmung bei kleinsten Bewegungen verhält, interessierte sie jedoch nicht. Sie wussten scheinbar auch nicht, dass eine Orthopnoe bei Bronchitis und einer Herzinsuffizienz auftreten kann und die Orthopnoe eine Notfallsituation ist.

Sie überprüften hingegen nur die Vitalfunktionen per EKG, Blutdruck, Blutsauerstoff, Körpertemperatur und haben den Blutzucker gemessen. Anhand dieser Daten bestand keine lebensbedrohende Situation, so der O-Ton.

Auf meinen Einwand, dass die extreme Atemnot vielleicht durch Wasser in der Lunge herrühren könnte, hat ein Rettungssanitäter meinen Rücken mit einem Stethoskop abgehört und Entwarnung gegeben: kein Wasser in der Lunge.

Da ich keine Schmerzen hatte, schließe ich eine Herzmuskelentzündung ebenfalls aus.

Keine Hilfe bei Atemnot

Die Empfehlung der Rettungssanitäter war dann, einen Arzt aufzusuchen, was mir allerdings nicht möglich war bei derartigen Atemproblemen schon allein beim Bewegen auf nur wenigen Metern in der Wohnung.

Durch täglich mehrere Dampfinhalationen, selbstgemachte Hühnersuppe, viel Ingwertee mit seiner entzündungshemmenden Wirkung und darin aufgelöstem Honig und andere Maßnahmen wie Lutschen von Pulmoll und den berühmten Schweizer Ricola-Bonbons und vor allem GeloMyrtol forte und Aspecton zum Abhusten (inzwischen weiß ich, dass man beide Medikamente nicht gleichzeitig benutzen darf), einreiben mit Pulmotin-Erkältungssalbe konnte ich am 21. April nach fünf Nächten im Kutschersitz und mit Schlafentzug die erste Nacht wieder im Liegen verbringen und wenigstens 4 Stunden schlafen.

Durch den langen Schlafentzug war ich total übermüdet und auch psychisch ganz unten.

Der Ruhepuls hatte sich inzwischen zwar verbessert und die Panikattacken waren seltener, aber die Atemprobleme bei Bewegung in der Wohnung waren für mich immer noch beunruhigend wegen der extremen Kurzatmigkeit, die ich so noch nie erlebt habe.

Erst nach 14 Tagen konnte ich mich wieder ohne Atemnot bewegen. Nach weiteren 14 Tagen war das Gröbste überstanden und durch den Stress habe ich etwa vier Kilogramm an Gewicht verloren.

Ganze vier Wochen

Die Bronchitis dauerte bei mir ganze vier Wochen. Vier Wochen meines Lebens, die mir durch diese ätzende Atemwegserkrankung genommen wurde, da ich außer Gefecht gesetzt und geschwächt war. Ich habe mich aller Wahrscheinlichkeit nach (passt von der Inkubationszeit) in einem Warteraum einer Arztpraxis in einem Klinikum angesteckt, in der man schief angeguckt wird, wenn man Mund- und Nasenschutz trägt, um sich vor Infektionen zu schützen. Weil ich einmal deswegen an der Rezeption blöd angemacht wurde, habe ich es diesmal dummerweise unterlassen. Und mich prompt angesteckt. Und Vera auch.

Nur auf linker Seite schlafen

Seltsamerweise konnte ich während dieser vier Wochen nur auf der linken Seite schlafen. Auf der rechten Seite zu liegen  fühle es sich äußerst unangenehm an und war für mich unmöglich.

Da ich weder meine Hausärztin noch meinen Kardiologen fragen konnte und wollte, habe ich diese Frage an den KI-gestützten “Copilot von Microsoft” folgende Frage gestellt

“Warum kann man bei Linksherzinsuffizienz und (gleichzeitiger) Bronchitis nicht auf der rechten Seite schlafen?”

und vom “Copilot” diese Antwort bekommen:

“Bei einer Linksherzinsuffizienz und Bronchitis kann das Schlafen auf der rechten Seite aus mehreren Gründen problematisch sein. Einerseits kann es bei Herzinsuffizienz zu einer Ansammlung von Flüssigkeit in der Lunge kommen, was das Atmen erschwert. Das Liegen auf der rechten Seite könnte den Druck auf die Lunge erhöhen und somit die Atmung weiter beeinträchtigen. Zudem kann das Schlafen auf der linken Seite den Druck auf das Herz verringern und die Herzfunktion während des Schlafs verbessern.
Bei Bronchitis kann das Liegen auf der rechten Seite ebenfalls zu einer erhöhten Belastung der Lunge führen, insbesondere wenn die rechte Lunge stärker von der Entzündung betroffen ist. Dies kann zu einer Verschlechterung der Symptome und zu einer Beeinträchtigung der Schlafqualität führen.
Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die optimale Schlafposition von individuellen Faktoren abhängt und bei Bedarf mit einem Arzt besprochen werden sollte. Generell wird empfohlen, eine Position zu finden, die sowohl den Komfort als auch die Atmung und Herzfunktion unterstützt.” Zitat Microsoft Copilot

Einkaufen nicht möglich

Als wir uns Lebensmittel ins Haus liefern lassen wollten, stellten wir fest, dass dies in Rostock nicht möglich ist.

Ich kenne zwar ein paar Leute mehr oder weniger gut, aber um Hilfe zu bitten, hätte ich keinen ansprechen mögen, auch nicht im Haus. Da bin ich auch mit niemandem vernetzt, dann wäre die Überwindung, jemanden anzusprechen, vielleicht auch geringer gewesen.

Im Grunde sind auch wir – wie scheinbar viele andere ältere Menschen – schon von Alterseinsamkeit betroffen und nicht umsonst beschäftigt sich der Deutsche Bundestag mit einer “Strategie gegen die Einsamkeit“.

Unsere gemeinsame Bronchitis hat uns gezeigt, dass es keinen einzigen Menschen mehr gibt, der sich für uns beziehungsweise unser Schicksal  interessiert. Und Familie haben wir beide ja keine. Wir würden so lange tot in der Wohnung in Rostock liegen, bis es stinkt.

Dieser Gedanke macht mich nervös und so möchte ich nicht enden. Ich möchte unbedingt aus diesem Plattenbau-Ghetto wieder raus. Das ist natürlich bei den Zuwanderungszahlen und dem sich daraus ergebenden Wohnungsmangel und den unangemessenen Mietpreisen sehr schwer für Menschen in unserem Alter.

Vorgeschmack auf mein Ende

Durch meine schwere Bronchitis habe ich nun auch schonmal einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie es sich im Endstadium IV einer Herzinsuffizienz anfühlen muss.

Das muss der absolute Horror sein.

Dieses Gefühl, zu ersticken, ist schlimmer als die größten Schmerzen, die ich nach der 8-stündigen Operation an meiner Zunge und während dem 90-minütigen Zunähen des Luftröhrenschnittes bei lokaler Betäubung, aber bei vollem Bewusstsein, nach meinem Zungenkrebs hatte.

Die einzige Stellung, ausreichend Luft zu bekommen, ist der sogenannte Kutschersitz.

Meine Linksherzinsuffizienz wird seit 2018 optimal therapiert und somit beträgt die maximale statistische Lebenserwartung acht Jahre ab dieser Zeit, endet also statistisch in den nächsten zwei Jahren, also 2026. Es sei denn, ich trickse die Statistik aus als Lüge. Denn des gibt ja bekanntlich drei Arten von Lügen: die gemeine Lüge, die Notlüge und die Statistik. Und ich hasse Lügen.

Bevor ich im Stadium IV jämmerlich verrecke, ziehe ich eine Kohlenmonoxidvergiftung und somit einen leichteren eigenbestimmten Tod vor. Aber noch ist es ja nicht soweit.

Update Bronchitis-Horror #2

Mein Flehen “Nicht nochmal, bitte” hatte leider keinen Erfolg.

Am 23. Februar 2025 abends merkte ich schon wieder die Symptome einer Bronchitis und am Montag war es dann soweit: Diesmal am ersten Tag kein heller, sondern dunkelbrauner Auswurf (Indikator bei einem Nichtraucher für eine chronische Bronchitis, was natürlich eine Katastrophe wäre), am zweiten Tag grünlicher Auswurf (Indikator für eine Infektion) und am dritten Tag heller Auswurf, aber nur ganz wenig. Und das Schlimmste: Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch konnte in nicht schlafen, da ich nur im Sitzen genügend Luft bekommen habe und mein Puls um die 100 bpm lag.

GeloMyrtol hilft mir

Beim Laufen von 80 kleinen Schritten in der Wohnung hin und zurück stieg er auf bis zu 119 bpm an, was für mich Tee zu kochen oder Geschirr in die Küche bringen schon eine Anstrengung mit erheblichen Atemproblemen war. Heute am dritten Tag ab etwa Mittags ging mein Ruhepuls beim Sitzen runter in den 70er bpm-Bereich, was ich wohl der konsequenten und vor Allem richtigen Einnahme von GeloMyrtol forte zu verdanken habe. das habe ich nämlich bei der vorigen Bronchitis falsch gemacht. Man muss sie so einnehmen, dass sie direkt in den Dünndarm gelangt. Und das funktioniert wahrscheinlich nur wenn der Magen leer ist, denn in der Beschreibung heißt es, dass man die Flüssigkapsel eine halbe Stunde vor dem Essen einnehmen soll, damit sie sich nicht mit anderer Nahrung schon im Magen auflöst, sondern erst im Dünndarm, wo die pflanzlichen Heilstoffe sofort ins Blut übergehen und somit die beste Wirkung erzielen können.

Schlafentzug

Heute bin ich natürlich total übermüdet und hungrig, weil ich nichts herunter bekomme. Hoffentlich bekomme ich heute etwas Schlaf. Es waren dann immerhin vier Stunden, die ich in zwei Abschnitten schlafen konnte. Aber wahrscheinlich kommen tagsüber noch ein paar Stunden dazu.

Da Vera seit Dienstag auch außer Gefecht gesetzt ist, können wir uns beide nicht gegenseitig unterstützen. Um so schöner war gestern der Anruf unserer Bekannten Silke, die uns ihre Hilfe angeboten hat. Da sie aber selbst krank ist, verbietet es sich für uns, dieses Hilfsangebot anzunehmen.

Bei Amazon habe ich einen Dampfinhalator bestellt, da das old-school-Inhalieren über einer Schüssel und Handtuch über dem Kopf doch recht unbequem ist. Unser Bekannter Christian, der mir bei der Erhaltung unseres Youngtimers hilft, holt den Inhalator dann heute Abend am Amazon Locker ab und bringt ihn uns.

Wie wichtig sind doch für uns, die wir keine Familie oder sonstige nähere Kontakte haben, diese zwei Menschen!

Heute ist mein Sputum, also Auswurfsekret freundlich weiß. Ein gutes Zeichen, dass der Spuk bald vorbei sein könnte.

Nur einen Vorteil hat die ganze Sache: Man bekommt nicht im Detail mit, wie dieser Möchtegern-Trump, von dem er ja sein “Ich werde am ersten Tag meiner Amtszeit …” kopiert hat, nun nach der Wahl seine Wahlversprechen wieder nach und nach revidiert.

… die Horrorwoche muss noch aus dem Gedächtnis nachgetragen werden. Ich war zu schwach, täglich zu aktualisieren.

Tag 8 des Horrors

ich habe die erste Nacht länger Schlafen können und fühle mich heute viel besser.

Vera hat allerdings seit 6 Tagen nichts gegessen, nur getrunken, und ich muss meine Kraft jetzt nutzen und einteilen, damit ich sie erstmal wieder auf die Beine bekomme. Mein nebenan.de-Konto habe ich gelöscht. Nachgefragt hatte ich dort, ob jemand in der Nachbarschaft so ein paar Ampulen mit 0,9% Kochsalzlösung für Ultraschall-Inhalationsgeräte herumliegen hat, die es bei DM oder Rossmann gibt und sie mir verkaufen könnte. Außer irgendwelche nettgemeinten Infos von Google, die ich mir selbst ergoogeln kann, wie man isotonische Kochsalzlösung selbst herstellen (sehr gefährlich!) und dass man 116 117 anrufen kann, kam da nichts. Das hat mit Nachbarschaftshilfe rein gar nichts zu tun.

…..

Tag 10 des Horrors

Ich glaube, ich habe es morgen am Tag 11 des Horrors überstanden, meine Herzfrequenz geht nach unten. Nur Vera ist nach 9 Tagen ohne Essen sehr geschwächt und liegt fast nur im Bett. Ich mache mir große Sorgen um sie.

Tag 12 des Horrors

Da es heute plötzlich 18 Grad waren, war mein Kreislauf mit beispielsweise 98 zu 58 bedenklich niedrig, das heißt, mein Herz schafft es nicht, mein Blut ordentlich mit Sauerstoff zu versorgen bzw. das Blut wieder aus dem Herz zu pumpen. Vera war einmal kurz auf und hat mit Genuß die letzte Schmelzkäseecke, die ich im Kühlschrank gefunden habe, gegessen. Mit Entsetzen mussten wir feststellen, dass morgen, am Samstag, die Geschäfte in MV geschlossen sind. Heute noch etwas zu besorgen, schaffe ich körperlich noch nicht. Sollte es morgen funktionieren, bleiben da ja noch die Tankstellen als letzter Rettungsanker. Aber Griespudding oder Schmelzkäse, worauf Vera Appetit hätte, gibt bestimmt nicht an der Tanke.

Tag 14 des Horrors

Ich hoffe, ich schaffe es heute körperlich, ein paar wichtige Dinge zu besorgen. Vera liegt den 13. Tag im Bett und ist sehr schwach. Sie möchte aber nicht ins Krankenhaus und fremdbestimmt werden. Diesen Wunsch akzeptiere ich natürlich unt tue mein bestes in meinem Zustand. ihr zu helfen.

Tag 23 des Horrors

Wir sind noch beide sehr geschwächt, ich habe 7 kg abgenommen durch den Stress und Schlafentzug, aber nun auf dem Weg der Besserung. …

Tag 28 des Horrors

Ich hab’s wohl überstanden. Und Vera auch.

In Zukunft nur noch mit Maske Einkaufen, auch wenn man blöd angeglotzt wird. Keinen Bock mehr auf einen solchen langanhaltenden, atemraubenden und schlafraubenden Wahnsinn!

 

Wenn man in meiner Kindheit vorlaut war, wurde einem als Erziehungsmaßnahme der Mund zugehalten. Es gibt auch den Fetisch “erotische Asphyxiation”, also «erotisches Ersticken».

Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, lies doch meinen Artikel “Einfach nur den Mund (zu)halten”

Vielleicht interessiert dich auch mein Blog-Artikel über meinen Herzstillstand oder meine Sechsundvierzig Synkopen

Links

Sich vor Bronchitis schützen

Erste Hilfe bei Erstickungsgefahr (durch Verschlucken)

Erste Hilfe bei Atemnot

Auswurf beim Husten und was bedeutet die Farbe des Auswurfs

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